Warum es „Gender-Gaga“ und seine geschmacklosen „Verwandten“ nicht gibt

Greta Pomberger

06/12/2023

Seit Jahren schon werden die „kreativen“ Begriffe „Gender-Wahn“, „Gender-Gaga“, „Gender-Wahnsinn“ und Konsorten immer mal wieder als „Argumente“ in den Raum geschmissen, wenn es darum geht, sich gegen die sprachliche Inklusion aller Menschen auszusprechen. Derzeit fühlt es sich aber extrem so an, als würde das immer öfter passieren. Dabei ist die Debatte keineswegs neu. Wir schauen uns daher heute diese Begriffe und ihre Herkunft einmal an und vor allem, welche Menschen sie benützen. Natürlich besprechen wir auch, warum diese Begriffe null Sinn ergeben und demnach keine Daseinsberechtigung haben.

Sprache ist emotional, aber NICHT statisch…

Eine konkrete Vermutung muss ich der Begriffserklärung vorschicken. Ich glaube, dass die Mehrzahl der Menschen, die sie benutzen, weder wissen, was „Gender“ bedeutet, noch worum es beim „gendern“ oder der Gleichbehandlung aller Menschen geht.

Und das ist doch eigentlich traurig. Das würde nämlich bedeuten, man propagiert ziemlich deutlich gegen die sprachliche Inklusion aller Menschen und der dementsprechenden Kommunikation miteinander, ohne eigentlich zu wissen, was der Sinn dahinter ist. Das Thema fühlt sich für alle Seiten emotional an. Aber warum reagieren wir Menschen auf sprachliche Veränderungen genauso emotional, wie wenn es um Politik oder Essgewohnheiten geht?

Sprache gibt uns Menschen die Möglichkeit unsere Gefühle auszudrücken. Viele Menschen sehen in Sprache auch eine Tradition, die daher nicht geändert werden solle. Dass Sprache jedoch keinesfalls traditionell und statisch ist, sondern sich auch in der Geschichte laufend änderte, vergessen sie dabei. Dafür gibt es sogar ein Wort – „Sprachwandel“. Es ist auch gut so – ja, gar notwendig, dass sich Sprache verändert. Nehmen wir als Beispiel einen Text aus dem Mittelalter. Zum Beispiel das „Nibelungenlied“ aus dem Mittelhochdeutschen. Würden Sie dieses lesen, müssten Sie dies bestimmt mehrmals tun und auch dann traue ich mich zu behaupten, dass Sie nichts oder nur wenig inhaltlich verstehen würden. Wir halten fest: die Sprache verändert sich – genau wie wir Menschen.

Und wir Menschen haben anscheinend unverschämt lange dafür gebraucht, dass zumindest ein Teil von uns einfordert, dass ALLE Menschen sprachlich eingebunden werden und nicht nur Männer. Das generische Maskulin hat ausgedient. Und das ist auch gut so. Die Gegenstimmen sind aber laut und sie waren „kreativ“ auf eine besonders geschmacklose Weise bei der Wortneuschöpfung. Dabei lehnen sie aber jegliche Veränderungen alternativlos ab. Obwohl alle Menschen herzlich dazu eingeladen sind, konstruktiv in die Diskussion um die „Weiterentwicklung“ der inklusiven Sprache einzutreten und Vorschläge für eine – aus deren Sicht – bessere oder einfachere Umsetzung zu machen.

Was sollen die Begriffe „Gender-Wahn“, „Gender-Gaga“, „Gender-Wahnsinn“, „Gender-Terror“ etc. nun bedeuten?

Tatsächlich kann man das in Kürze beantworten. Alle diese Begriffe sollen die Förderung der Gleichstellung aller Geschlechter und Geschlechtsidentitäten diffamieren und ablehnen – vor allem auch die sprachliche. Diese Begriffe sind bewusst beleidigend. „Gaga“ ist ein harmloses und somit publikumsfreundlicheres Wort für den Ausruf des Missfallens und des Ekels bzw. auch eine Warnung vor Schmutz. Wahn“ bzw. „Wahnsinn“ bezeichnet einen nicht zurechnungsfähigen/kranken Zustand einer Person. „Terror“ meint per definitionem die „Verbreitung von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen (besonders zur Erreichung politischer Ziele)“. Ob das Verwerfen des generischen Maskulines nun geeignet ist, Angst und Schrecken zu erzeugen bzw. eine Form der Gewalt darstellt, sind gar lächerlich erscheinende Fragen. Gleichzeitig ist der Gebrauch dieses Wortes im falschen Kontext aber auch beleidigend den Menschen gegenüber, die Opfer von echtem Terror wurden.

Wir halten also fest: Menschen, die sich für die Gleichstellung und Inklusion einsetzen, werden somit „salonfähig“ mit einem Wort beleidigt.

Warum diese Begriffe keine Daseinsberechtigung haben

Diese Frage sollte sich den Leser*innen bereits mittels des letzten Absatzes erklärt haben. Ich habe aber noch ein unterstützendes Argument parat, nämlich die Herkunft dieser Begriffe. Es wird auch leider nicht verwundern, woher diese Begriffe kommen. Nämlich aus dem rechten und rechtsextremen politischen Reihen weltweit. Diese Organisationen und Parteien sprechen sich bekanntlich stark für den Erhalt der traditionellen Rollenbilder und patriarchaler Systeme aus. Jeder Schritt zur Gleichstellung und Inklusion wäre somit auch eine Bedrohung (nicht nur für ihre „Werte“), sondern vor allem auch für ihr eigenes Dasein. Sie rühren daher seit Jahren bewusst die Werbetrommel für diese antifeministischen Begriffe und das leider auch (zumindest in Teilen der Bevölkerung) mit Erfolg.

Nun wo wir wissen, woher die Begriffe kommen, denke ich, haben wir noch ein Argument, ihnen die Daseinsberechtigung abzusprechen.

Fassen wir das Ende vom Lied zusammen

In Wahrheit haben wir nun in Kürze erörtert, dass es nun mal in der Natur der Sprache liegt, sich zu verändern und dass diese Veränderung aber von Befürworter*innen patriarchaler Strukturen und Systemen nicht gewollt ist, sofern es um die Antidiskriminierung von bisher (nicht nur) sprachlich ausgeschlossenen Menschen geht. Um dies besonders stilvoll umzusetzen (Achtung Ironie) bedienen sich diese Menschen in einer Diskussion Wörtern wie „Gaga“ oder „Wahn“. Muss ich noch mehr dazu sagen?

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