Tabulos- warum wir keine Lust auf Periodenshaming haben

Greta Pomberger

01/06/2024

Sujet zum Text

Im Jahr 1985 hat die Schauspielerin Courtney Cox das Wort „Periode“ ERSTMALS im amerikanischen Fernsehen ausgesprochen. 1970 hielt man es noch immer für möglich, dass Periodenblut möglicherweise giftig sei. Das ist eine Vermutung, die aus dem Mittelalter kam. Frauen durften daher während der Periode bis ins 20. Jahrhundert nicht einmal Blut spenden. Verrückt, oder? 2024 ist die Periode immer noch tabubehaftet und stigmatisiert. Wir fassen für euch die Lage anhand wertvoller Fakten und Studienergebnisse einmal zusammen und geben natürlich auch unsere Meinung dazu kund.

Menstruieren bitte nur heimlich“

Manchmal wirkt es noch immer so, als würden sich nicht-menstruierende Personen am Zyklus von Menstruierenden stören. Als wären sie dadurch beschwert. Man müsste eventuell Rücksicht auf die Menstruierende nehmen. Akzeptieren, dass die Periode Einschränkungen bedeuten kann (aber nicht muss). Das und der Fakt, dass die Monatsblutung noch immer als „unrein“ gilt, dürften die Gründe dafür sein, dass Menstruierende auch 2024 „heimlich“ durch ihren Zyklus zu gehen haben.

Aber was macht das mit uns? Einige Studien haben das schon untersucht und die Ergebnisse sind mehr als spannend.

So fand eine norwegische Studie kürzlich heraus, dass Frauen* in weißen Shorts bei Fußballspielen (innerhalb der letzten 20 Jahre) schlechter spielten, weil sie Angst vor Periodenflecken hätten. Bei männlichen Spielern machte die Farbe der Shorts keinen Unterschied aus. Diese Unsicherheit dürfte nach Protesten auch beim Tennis eine Rolle gespielt haben, denn seit 2023 dürfen Tennisspielerinnen bei Wimbledon dunkle Unterwäsche tragen.

Ein weiteres Sinnbild: 2017 wurden in Österreich Mädchen und Jungen repräsentativ zur Menstruation befragt. Dabei kam heraus, dass 60% der Mädchen ihrer Menstruation negativ gegenüberstehen und 70% der Jungen das Thema Menstruation unwichtig und peinlich finden.

Eine amerikanische Studie zeigt, dass unter anderem das Gefühl von Menstruationsscham zu einem veränderten und riskanteren Sexualverhalten führt.

Dieses „Periodenshaming“ ist weltweit ein Problem. Die Organisation Plan International hat in einer Studie über 4.100 Jungen zu ihrer Meinung zur die Periode befragt. Die am häufigsten genannten Gedanken dazu waren bei den Befragten „schmutzig“, „peinlich“ und „ekelhaft“.
Außerdem fand mehr als einer von drei Jungen (37 %), dass die Periode geheim gehalten werden sollte. Und daran sind nicht die befragten Buben schuld. An diesen schlimmen Ergebnissen ist genau diese seit Jahrhunderten aufrechterhaltene „Geheimniskrämerei“ um die Periode und die fehlende Aufklärung Schuld. Also liebe Eltern, schnappt euch eure Kinder und erklärt ihnen, was die Menstruation ist und warum sie ganz normal ist. Dann müssten auch nicht die Mehrheit der menstruierenden Personen ihre Periodenprodukte „verstecken“. Das ergab nämlich eine Umfrage, wo dies 72 % der Befragten angaben. Achja, und wir könnten uns dann auch die komischen Beschreibungen für die Blutung wie „Erdbeerwoche“, „rote Tante zu Besuch“ etc. sparen, nur um das Kind nicht beim Namen nennen zu müssen.

Das Ding mit der Periodenarmut

Und mit der Periodenarmut schließt sich der Kreis um die „Heimlichtuerei“. Denn nicht menstruierende Politiker wehren sich regelrecht gegen die Zurverfügungstellung von kostenlosen Periodenprodukten in öffentlichen Einrichtungen. Ganz nach dem Motto: „Die Regel verbleibt bitte im Geheimen und ist Privatsache.“ Dabei vergessen sie aber, dass Periodenarmut ein ernstzunehmendes Thema ist. Menstruierende Personen haben im Durschnitt 500 mal in ihrem Leben die Regel. Eine österreichische Umfrage im Jahr 2023 zeigte, dass 86 % der 16 bis 24-jährigen angaben, dass ihr Leben einfacher wäre, wenn in öffentlichen Gebäuden kostenlose Menstruationsartikel erhältlich wären. Diese Altersgruppe von Mädchen* und Frauen* ist außerdem deutlich häufiger von Periodenarmut betroffen als ältere Gruppen. Das ist aber auch nicht verwunderlich, so berechneten Medien die lebenslangen Kosten für die Periode pro menstruierende Person zwischen 7000 und 18000 Euro aus. Verrückt ist zudem, dass erst im Jahr 2020 der Mehrwertsteuersatz von Periodenprodukten in Österreich von den regulären 20 % auf nunmehr 10 % gesenkt wurde. Damit wurde endlich anerkannt, dass Periodenhygieneprodukte keine Luxusartikel sind, sondern zum Grundbedarf gehören. Der menstruierende Mensch sucht sich die Regel schließlich auch nicht aus. Noch besser wäre es jedoch, die Periodenprodukte gänzlich von der Steuer zu befreien. Das gelang bereits in Großbritannien, Australien und in einzelnen Bundesstaaten der USA. Positiv zu nennen ist aber dennoch, dass es in Österreich bereits einige Initiativen, Organisationen und auch Unternehmen gibt, die an ihren Standorten kostenlose Periodenprodukte zur Verfügung stellen. An alle anderen, die das noch nicht tun: Nehmt euch daran ein Beispiel!

Gender Health Gap

Endometriose wird im Zeitraum 2012 bis 2022 zu 65 % häufiger diagnostiziert. Das hat nicht damit zu tun, dass mehr Menschen Endometriose hätten… Nein, es hat damit zu tun, dass die Betroffenen ENDLICH gehört werden. Viele Jahre wurden ihre Beschwerden nicht ernst genommen und gepaart mit der komplizierten Diagnose bei Endometriose war das ziemlich schlimm für die Betroffenen. Das ist nur ein Beispiel, wie die Gender Health Gap auch die Menstruation betrifft.

Es gibt aber auch viel „harmlosere“ Health Gaps, die mit der Periode verbunden sind. Zum Beispiel das Wissen über Umstände und Umwelteinflüsse, die die Beschwerden während der Blutung verschlimmern, aber auch verbessern können. Es gibt seit Jahren viele Mythen dazu, aber ein faktenbasierter Diskurs hat ebenso unter der Tabuisierung des Themas gelitten. Daher nur schnell ein paar Fakten dazu. Weil der Sommer gerade da ist: Hitze kann deine Periodensymptome verschlimmern (Kopfschmerzen, Schlafprobleme, Hautunreinheiten, schlechte Stimmung…). Schaut daher, dass ihr besonders bei Hitze genug trinkt, durch leichten Sport euren Kreislauf ankurbelt und euch kühle und dunkle Plätze zur Entspannung sucht. Allgemein gilt, dass Nikotin, Koffein, Alkohol, Zucker und Fleisch die Beschwerden verstärken können. Auch Stress und zu viel Sport sowie Gewichtsprobleme wirken sich auf die Blutung aus.

Habt ihr schon von der „Periodflu“ gehört? Der Begriff beschreibt das Phänomen, dass viele Menstruierende vor und während der Regel Symptome einer Erkältung (Husten, Niesen, Halsschmerzen) haben. Das hat übrigens mit den Hormonschwankungen und ihren Auswirkungen auf unsere Immunabwehr zu tun. Es gibt also auch hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung zur Periode noch viel zu tun.

Frauen*feindlichkeit entlang des Zyklus…Warum ist die Menstruation so stigmatisiert und was lernen wir daraus?

Vielleicht fragt ihr euch manchmal, wie es zu diesem Periodenshaming eigentlich kam? Ich habe mich das auch gefragt und mich schlau gemacht. Also hier eine wirklich sehr kurze Zusammenfassung, denn die Geschichte ist bekanntlich oftmals kompliziert.

Aber von Anfang an: Im antiken Griechenland wurde die Monatsblutung noch offen und ohne Tabus im Zuge der „Vier-Säfte-Lehre“ besprochen. Schon bald folgten die Religionen. Sie haben die Menstruation mit Sünde und Unsauberkeit assoziiert, unter anderem, weil sie die Blutung in Verbindung mit Sex betrachteten. Das tun sie meist bis heute noch.  Es folgten eine Reihe von Verboten und „Regeln“, die menstruierende Frauen einhalten mussten. Sie konnten zum Beispiel  vom Gottesdienst in der katholischen Kirche ausgeschlossen werden. Oder durften nicht berührt werden, da man sonst selbst unrein werde (Judentum). Frauen* wurden sozusagen reglementiert und vom Leben ausgeschlossen, wenn sie bluteten.  Dies hielt sich in nahezu allen Kulturen bis ins 20. Jahrhundert. Ab dem 18. und 19. Jahrhundert wurde die Frau vor allem anhand der Menstruation charakterisiert. Sie sei schwach, kränklich und davon eingenommen. Die männlichen Philosophen und Mediziner der damaligen Zeit benutzten die Menstruation, um Geschlechterrollen zu begründen, denn im „Sozialdarwinismus“ war der Mann an der Spitze der Evolution.

Nachdem auch die Meinungsbildung jeher von mächtigen Männern ausging, wundert es nicht, dass sich diese Ansichten teils bis heute halten und noch immer in unserer Gesellschaft verankert sind. Lasst uns also gemeinsam daran arbeiten, das Tabu rund um die Menstruation aufzubrechen!

Quellen:

Studie zu Spielergebnissen

Österreichische Umfrage

Studie von Plan International

Amerikanische Studie zu Menstruationsscham

Umfrage zur Periodenarmut

Steuersatz für Periodenprodukte in Österreich

Studie zu Endometriose

Hitze wirkt sich auf Periodensymptome aus

Periodflu

Umstände, die die Periode beeinflussen können

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