Die Bedeutung von Gender Health Gap & Gender Medizin
Obwohl Frauen statistisch länger leben als Männer ist unser Gesundheitssystem auf die Behandlung von männlichen Patienten ausgelegt. Dieser Missstand heißt „Gender Health Gap“. Mithilfe der „Gender Medizin“ soll seit Beginn der 2000er Jahre endlich mit diesen Wissenslücken aufgeräumt werden. Gender Medizin bedeutet aber nicht gleich „Frauen Medizin“. Vielmehr bedeutet Gender Medizin gänzliche Inklusion. Alle Menschen sollen in die Medizin mit einbezogen werden. Das Geschlecht wird auch nicht nur bestehend aus „Mann” und „Frau” gesehen. Vielmehr handelt es sich dabei um ein Großes Ganzes, welches sich aus biologischen und psychosozialen Einflüssen zusammensetzt.
Definition von Gender Medizin: Gendermedizin (auch Gender-spezifische Medizin genannt) ist ein Fachgebiet, das sich mit dem Einfluss von Geschlecht und Gender auf Gesundheit, Erkrankungen, Forschung, Therapien und Prävention befasst.
Doch wie wirkt sich diese Data Gap allgemein noch immer auf die Gesundheit von Frauen und Mädchen aus?
- Laut WHO verfügen Frauen und Mädchen – global gesehen – in den meisten Gesellschaften über einen niedrigeren Status und weniger Kontrolle über zahlreiche für die Gesundheit relevante Lebensbereiche. Das betrifft auch Entscheidungen über den eigenen Körper, intime Beziehungen sowie die Gefährdung Opfer von Gewalt sowie Zwängen und schädlichen Praktiken zu werden. Frauen und Mädchen sind daher global einem hohen Risiko für ungewollte Schwangerschaften, sexuell übertragbare Infektionen, Unterernährung sowie Depressionen ausgesetzt.
- Medikamente werden meist an männlichen Patienten getestet und wirken daher für Frauen anders. Zudem kann der Arzneimittelstoffwechsel bei Frauen durch Faktoren wie Menopause, Schwangerschaft und Menstruation beeinflusst werden. Gleiches gilt für Faktoren wie Tabak-, Drogen- und Alkoholkonsum, was umgekehrt häufiger bei Männern anzufinden ist.
- Auch Fehldiagnosen oder gar keine Diagnosen bekommen Frauen öfter als Männer, da der Symptomkatalog an dem sich Ärzt*innen orientieren, für männliche Patienten ausgelegt ist. Hier gelten die unterschiedlichen Symptome bei Frauen und Männern bei einem Herzinfarkt oder auch AD(H)S als Beispiele.
- Außerdem haben auch Ärzt*innen noch immer Stereotype verinnerlicht oder es fehlen Weiterbildungen im Bereich Gender Medizin. So gelten Frauen noch immer als „emotionaler“ und körperliche Symptome, werden daher nicht ernstgenommen oder der Psyche zugeschrieben.
- Krankheiten, die naturgemäß Frauen betreffen (z.B. Endometriose) sind unzureichend oder gar nicht erforscht. Es fehlen Spezialist*innen und notwendige Forschungsgelder. Das hat zur Folge, dass Frauen mit diesen Krankheiten nicht geholfen werden kann. Der weibliche Zyklus wird in der Behandlung von Krankheiten ebenso oftmals vernachlässigt. Dabei kann der Zyklus Einfluss auf mentale Probleme und Krankheiten haben.
Im Speziellen gibt es zum Beispiel folgende Unterschiede in der Gesundheit von Frauen und Männern:
- Das Immunsystem von Frauen ist wesentlich stärker durch Östrogene aktiviert. Frauen erkranken seltener an Krebs und wenn, haben sie eine bessere Prognose. Bei Infektionskrankheiten (z.B. COVID19) erweist sich dieses starke Immunsystem auch von Vorteil.
- Frauen haben aber öfter Allergien, Unverträglichkeiten und Nebenwirkungen von Medikamenten. Auch die Autoimmunkrankheiten treffen eher Frauen. Lupus erythematodes haben z.B. zu 90% Frauen.
- Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Herzerkrankungen gehören zu den ersten und seitdem am besten untersuchten Bereichen der Gendermedizin. Das spätere Auftreten von koronaren Herzkrankheiten wird weitgehend mit Östrogenwirkungen erklärt. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass bestimmte Frauen-spezifische Faktoren das Risiko weiter erhöhen können. Hierzu zählen u.a. Schwangerschafts-Bluthochdruck und -diabetes sowie hormonelle Störungen wie das sogenannte „polyzystische Ovarialsyndrom” oder eine frühe Menopause.
- Auch ist das langfristige Rauchen ist laut Studien sogar noch gefährlicher für Frauen als für Männer.
- In der Krebsbehandlung gibt es Hinweise darauf, dass auch bei der Krebsbehandlung relevante Unterschiede zwischen den Geschlechtern bestehen. So scheint gerade die Strahlentherapie auf sowohl zellulärer als auch molekularer Ebene unterschiedliche Effekte zu erzielen. Dies ist wichtig, um die Strahlendosis richtig zu dosieren und damit unnötige Toxizität, aber auch Therapieversagen zu vermeiden.
Quellen: Tagesschau, Das Geschlecht macht den Unterschied, https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/gendermedizin-103.html ; sowie Data4Life, Dank Gendermedizin zu einer besseren Gesundheit https://www.data4life.care/de/bibliothek/journal/gender-medizin/#was-bedeutet-gendermedizin-eine-definition